Dienstag, 25. März 2008

Abenteuer Saksamaa

Vorsicht: romanverdächtig!!

Alles fing an mit einer super Idee: "Jesus Christ Superstar" sollte ein Gastspiel in München geben, bei dem auch der GirlsChoir mitspielen durfte. Ich in meinem fernen Estland war absolut neidisch, weil ich auch so gern nach München wollte. Und aus diesem Neid entwickelte sich der Gedanke, dass ich doch einfach mitfahren könnte. Es wurde also organisiert und telefoniert und schließlich erhielt ich die Zusage, dass ich mitmachen darf. Dank heutiger Billigfluggesellschaften konnte ich ziemlich günstig von Riga aus buchen und die Vorfreude war groß.. Aber dies wäre nicht meine Geschichte, wenn alles so einfach geklappt hätte: losfliegen, nach München fahren, singen, zurückfliegen... Wäre ja auch einfach viel zu langweilig.. Deswegen kam alles etwas anders...
Mein Plan war es am Samstag (16.3.) von Riga nach Berlin zu fliegen. Um rechtzeitig in Riga anzukommen, musste ich einen zeitigen Bus von Tartu aus nehmen.. Darum wollte ich Freitagabend bereits nach Tartu fahren und dann am nächsten Morgen losfahren.. Ich also Freitag dagesessen und mein Zeug gepackt und mich fertig gemacht. Dann der große Schock: Wo ist mein Reisepass? - Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie ich 2 Stunden durch die gesamte Wohnung gerannt bin, um diesen blöden Pass zu finden.. Meine beiden Mädels wurden direkt mit einbezogen und wir haben jeden kleinsten Miniwinkel durchforstet (und dabei nicht mal vorm Kühlschrank halt gemacht), das Ding war WEG! Ich natürlich total am Boden gewesen.. Ohne Pass konnt ich nicht fliegen, klar.. In Gedanken sah ich schon, wie ich die Woche doch in Estland verbringen muss.. Und was macht man in einer so ausweglosen Situation? - Richtig! Man ruft erst mal die Mami an und klagt sein Leid. Haben dann gemeinsam hin und her überlegt, bis mir die Idee kam: Hey, es fahren doch Busse von Estland direkt nach Dresden.. Und da nun auch seit Schengen die Grenzen offen sind, wäre das doch ne Lösung.. Also kurzerhand nach ner Verbindung gesucht. Natürlich gabs bei meinem Glück keinen Platz mehr in der Direktverbindung von Estland aus. Es war aber noch Platz von Riga aus... Ich musste also irgendwie bis Samstagmorgen nach Riga kommen.. Dafür gab es nur eine einzige Möglichkeit: den Bus von Pärnu aus.. Der ging allerdings 2.20 Uhr! Es war zu dem Zeitpunkt ca. 21 Uhr und es fuhr definitiv kein Bus mehr nach Pärnu. Meine einzige Hoffnung lag bei meiner lieben estnischen Freundin, der Jaanika. Sie konnte mir aus der Patsche helfen, indem sie ein Auto organisierte... Die Reise startete also nachts um 12 in Viljandi. Zusammen mit Andrea, Jaanika und 2 Freunden fuhr ich also nach Pärnu. Ich war so dankbar und müde und aufgeregt und alles zugleich.. In Pärnu stieg ich dann in den Bus und ab gings Richtung Riga. Nachdem ich ein bisschen rumgedöst habe, hielt der Bus plötzlich, die Lichter gingen an und eine Dame stand vor mir und forderte mich auf, meinen Reisepass zu zeigen... Ähm... Ja, schade, ich hatte ja nun kein Dokument. Mein einziger Ausweg: mein estnischer Ausweis... Ich also den Ausweis hingehalten in der Hoffnung, dass die gute Frau nicht merkt, dass das Ding nicht als Reisedokument gültig ist... Die ließ sich aber natürlich nicht so einfach verarschen und wies mich darauf hin, dass sie einen richtigen Pass oder Ausweis benötigt... Ich also angefangen rumzujammern, dass ich das doch nicht gewusst hätte und dass ich nun gar nicht weiß, was ich machen soll und ich muss doch unbedingt nach Hause... Da fragte sie mich, wo ich denn noch hinwöllte.. Und als sie hörte, dass ich noch bis Deutschland möchte, sah ich nur das hämische Grinsen auf ihrem Gesicht: "Dann brauchst du sowieso nen Pass" - Mit diesen Worten schmiss sie mir meinen Ausweis hin und ging... An dieser Stelle hätte der gesamte Trip eigentlich schon beendet werden können.. Ich habe es also nur der Faulheit einer Grenzkontrolleurin, die sich wahrscheinlich dachte, dass sich doch andere Leute mit meinem Fall beschäftigen sollen, zu verdanken, dass ich weiterfahren konnte... In Riga hatte ich einen 6-stündigen Aufenthalt. Das wäre an sich nicht so schlimm gewesen, denn Riga ist ne schöne Stadt. ABER: ich war hundemüde, es war kalt, in den ersten Stunden rannten überall Besoffene rum die einen blöd vollgepöpelt haben und es hatte auch nichts offen, wo ich mich hätte reinsetzen können.. Ich also mit meiner Tasche und meinem Beutelchen durch die Stadt gelaufen und die Sekunden gezählt.... gegen halb 6 bin ich dann zur Busstation und habe mich dort ein Stündchen zu den Obdachlosen gesellt, die auf den Stühlen geschlafen haben... Um 7 machte endlich das McDonalds auf =) In diesem Moment habe ich doch tatsächlich eine sehr große Zuneigung zu Kaffee entwickelt... Und es geschafft, an so einem kleinen Becher über ne Stunde zu trinken =) Danach kam dann Leben in die Stadt.. Die Supermärkte und Geschäfte haben aufgemacht und somit ging dann die restliche Zeit bis halb 11 relativ schnell um.. Endlich konnte ich zum Bus gehen, der mich nach Dresden bringen sollte... Ich ging zur Stewardess mit meinem Ticket und war froher Dinge, da fragt sie mich doch nicht etwa nach meinem Ausweis.. AHH!! Naja, blieb mir nichts anderes übrig als wiederum meinen estnischen Ausweis hinzuhalten und zu hoffen, dass sie nichts merkt... Und, Glück gehabt.. Bin wirklich durchgekommen.. Endlich saß ich im Bus... Ich war total erleichtert und wollte einfach nur noch nach Hause. Vor mir lag ne lange Fahrt. Ich war frohen Mutes, als wir die litauische Grenze ohne Schwierigkeiten überquert haben und außer eingeschlafenen Füßen lief alles gut... Doch dann kamen wir in die Nähe der polnischen Grenze. Und da hatte ich ja schon ganz schön Schiss... Ich saß da mit einem wahnsinnigen Herzklopfen und wünschte mir nichts sehnlicher, als dass wir doch endlich diese blöde Grenze überqueren. Natürlich hatte der nette Busfahrer nichts besseres zu tun, als direkt an der Grenze noch mal ne halbe Stunde Pause zu machen.. WAHH!!! Ich saß dort da wie auf heißen Kohlen und hatte einen Schweißausbruch nach dem anderen. Dann endlich gings los. Vor uns fuhr noch ein Bus und er fuhr direkt durch und war weg. Ich schon total glücklich, dass es doch so einfach geht, da hält doch nicht genau vor uns das Auto mit den Grenzbeamten.. Bus hält, Lichter gehen an, Bitte halten Sie ihre Ausweise bereit!! TOLL! Ich mir in Gedanken ausgemalt, wie ich vor den Kontrolleuren auf die Knie falle und heule und ihnen von meiner totkranken Mutter erzähle und dass ich UNBEDINGT nach Hause muss... Es waren 3 Männer. Sie kontrollierten erst ein paar Gepäckstücke aus dem Bus und wollten dann in den Bus hineinkommen, um die Ausweise zu kontrollieren.. Und in diesem Moment geschah ein Wunder, bei dem ich mich jetzt noch frage, womit ich soviel Glück eigentlich verdient habe.. Also, die Leute wollten gerade in den Bus einsteigen, da spazierten dort im Grenzgebiet 4 Verrückte umher: 3 Kerle und ein Mädel... Die liefen da einfach lang, lachten laut und scherten sich um nichts.. Die Grenzmänner natürlich direkt zu denen hin um ihnen zu erklären, dass sie dort nicht einfach so rumspazieren dürfen.. Ich glaube, die 4 waren ganz schön angetrunken, denn sie fingen an zu diskutieren und Stunk zu machen... Und somit passierte es doch wirklich, dass die Männer uns ein Zeichen gaben, dass wir doch schon weiterfahren sollten, weil sie erst mal genug mit den 4 Leuten zu tun hatten... Lichter gingen aus, Türen zu, Bus fuhr los!! Ich schätze, dass niemand auch nur annähernd nachvollziehen kann, wieviele riesige Gebirge mir in dem Moment vom Herzen gefallen sind.. Das Gefühl kann ich echt gar nicht beschreiben, es war einfach nur eine riesige Erleichterung!! Ja, der Rest der Reise verlief dann zum Glück nicht mehr ganz so spektakulär. Es wurde dann Abend und natürlich hatte ich genau dann, wo es in die Schlafphase ging, eine dicke, schnarchende Frau neben mir sitzen.. Aber selbst das war mir eigentlich egal, hauptsache wir kamen Dresden immer näher.. Vor der deutschen Grenze hab ich dann noch mal kurz gezittert, aber da gings ohne Probleme drüber... Schließlich kam ich pünktlich 7.30 (32,5 Stunden, nachdem ich in Viljandi losgefahren war) in Dresden am Hauptbahnhof an..... Dort warteten schon meine Eltern und ich war einfach megaglücklich, dass ichs bis nach Hause geschafft hatte...... Wer sich an dieser Stelle jetzt denkt: "Die Maria hat doch echt nen Schuss, wer fährt denn bitte ohne gültiges Dokument gleich über 4 Grenzen?", dem geb ich absolut recht... Im Nachhinein find ich die gesamte Aktion ziemlich verrückt.. Und ich glaube, wenn ich vorher mehr Zeit gehabt hätte drüber nachzudenken, was ich da eigentlich vorhabe, wär ich nie losgefahren, aber das war ja alles mehr oder weniger innerhalb von Minuten beschlossen worden.. Aber naja, ich bin angekommen, habs überstanden und werde so etwas definitiv NIE WIEDER machen!!!!
Tja, nun war ich also in Deutschland. Das erste Mal nach über 7 Monaten.. Schon ein eigenartiges Gefühl. Plötzlich konnte ich wieder alle Leute um mich rum verstehen.. Plötzlich hat keiner verstanden, wenn ich "Tere" gesagt habe.. Plötzlich sah ich wieder vertraute Gesichter von Familie und Freunden... Es war schön, aber trotzdem komisch und auch ein bisschen verwirrend...
Da ich nun nicht wie geplant am Samstag sondern erst Sonntag in Dresden angekommen bin, blieben mir leider nur 4 Stunden in der Heimat. Diese 4 Stunden wurden genutzt um Oma zu überraschen (diesen Gesichtsausdruck werd ich mein Leben nicht vergessen.. sehr schön =)), zum Bäcker zu gehen und frische Brötchen zu holen (ein Luxus, der in Estland leider etwas rar ist), in der Badewanne zu faulenzen (nach 8 Monaten ohne Badewanne eine wahre Wonne) und noch schnell den letzten Kram zusammenzupacken... Als ich in unsere Wohnung kam, hatte ich ein sehr interessantes Erlebnis: Ich habe zum ersten Mal meine Familie gerochen... Also, man kennt das ja, dass es bei anderen Leuten in der Wohnung immer so einen speziellen Geruch gibt, den man dann auch wirklich immer nur diesen Leuten zuordnet. Und nach mehr als 7 Monaten ging es mir nun so, dass ich diesen Geruch in meiner eigenen Wohnung wahrgenommen habe.. Das war schon bisschen komisch...
Dann gings direkt weiter zur Staatsoperette, wo schon der BUS bereitstand, der uns nach München bringen sollte... Könnt ihr euch sicher denken, wie sehr ich mich gefreut habe, endlich mal wieder Bus zu fahren... Naja, nach weiteren 6 Stunden war es dann überstanden. Wir waren in unserem tollen Hotel, hatten schon gar keine Energie mehr vom vielen Quasseln und ich war einfach nur sehr froh, als ich am Abend nach ca. 60 Stunden endlich in mein Bett fallen konnte..
Die Woche in München war dann echt super. Wir hatten sehr viel Zeit die Stadt zu erkunden (ich war ja noch nie dort), waren im Olympiapark, auf dem Marienplatz, am Stachus, auf dem Viktualienmarkt, in der Frauenkirche, an der Uni, im Deutschen Museum und noch viele andere Orte, die ich alle gar nicht aufschreiben kann.. Wir hatten traumhaftes Wetter und es war einfach nur schön..






Auch schön war der Fakt, dass während der Zeit in München die Fastenzeit vorüberging und ich nach 45 Tagen gut gelaunt mein erstes Stück Schokolade genießen konnte =)

Noch schöner waren allerdings die Vorstellungen, der Grund, warum ich überhaupt die ganze Reise auf mich genommen habe... Es war wirklich der Hammer. Wir haben im Prinzregententheater gespielt. Das Theater an sich ist ja schon mal atemberaubend.

Es erinnert ein bisschen an die Semperoper und es war einfach ein krasses Gefühl, als ich zum ersten Mal dort auf der Bühne stand und das ganze auf mich hab wirken lassen. WOW! Das Theater bietet Platz für 1200 Zuschauer...
Das tolle daran: Wir hatten 6 Vorstellungen und die waren jedes Mal AUSVERKAUFT! Somit haben auch wirklich jeden Abend fast 1200 Leute sich das Stück angesehen. Das ist der Wahnsinn! Und wir haben auch echt super Kritiken bekommen und die Münchner verstehen es auch einen richtigen Applaus zu geben =)
Es hat so gut getan wieder meine Mädels zu sehen und mit ihnen gemeinsam zu singen (und ich konnte sogar noch alle Texte und Noten =)) und auf der Bühne zu stehen und dieses ganze "Jesus"-Feeling mal wieder zu haben. Oder auch einfach nur so Kleinigkeiten, wie der Geruch als ich das erste Mal wieder in der Maske war..



Außerdem war auf der Tour auch noch der liebe Philipp dabei.. Schön nach 8 Monaten mal wieder ausgiebig mit dem besten Freund zu quatschen. Und es war auch noch das erste Mal, dass wir gemeinsam auf der Bühne standen, total lustig =)


Es war einfach richtig toll und ich bin sehr sehr froh, dass ich bei der Tour dabeisein durfte!Allerdings muss ich sagen, dass es auch sehr anstrengend ist 6 Tage hintereinander zu singen.. Darum war es dann auch in Ordnung als es am Sonntag wieder Richtung Dresden ging. Es war ja Ostersonntag, aber leider kamen so überhaupt keine Ostergefühle auf. Im Gegenteil: Als wir so durch die weiße Schneelandschaft fuhren, fingen sogar einige an Weihnachtslieder zu singen..
In Dresden angekommen blieb nicht viel Zeit zum Ausruhen. Es ging direkt zur anderen Oma, die auch noch richtig schön überrascht werden sollte (was auch super gelungen ist) Abends gab es noch ne gemütliche Pizzarunde in Familie und nen kurzen Besuch von meiner lieben Marie. Dann ging es gestern früh schon wieder nach Estland. Meine Familie hat mich früh nach Berlin gefahren und von dort durfte ich dann völlig unspektakulär mit deutschem Perso nach Riga fliegen =) Ich war also erneut in meinem "geliebten" Riga und erneut durfte ich einen BUS besteigen, der mich nach Pärnu gebracht hat. Estland empfing mich mit einem strahlend blauen Himmel und da ich in Pärnu noch Wartezeit hatte, konnte ich sogar das tolle Wetter noch am Meer genießen..

Dann gings endlich nach Viljandi und gegen 20 Uhr war ich dann schließlich wieder bei mir zu Hause!!!
Jetzt werde ich meine neugewonnene Energie nutzen um auch die letzten nicht mal mehr 3 Monate noch so schön wie möglich zu gestalten und noch so viel wie möglich aus der verbleibenden Zeit herauszuholen... Wobei ich sagen muss, dass es mir an Aufregung erst mal reicht, es darf also gern etwas ruhiger sein =)

Freitag, 14. März 2008

Anhang

Nachdem mich beim letzten Eintrag hier alles ja ein bisschen im Stich gelassen hatte, nun noch ein paar Bildchen von unserer Wanderaktion, damit ihr auch nachvollziehen könnt, warum ich so begeistert war =)


die Weiberrunde =)


auf holzigen Wegen durch die Natur

alles voll sumpfig und moorig

unser hitchhikender Erwin =)

Sonntag, 9. März 2008

von Gehirnwäsche, Sümpfen und anderen Gruselheiten

Nachdem es nun doch wieder ne Weile gedauert hat, bis ich mich gemeldet hab (was diesmal allerdings nicht an Faulheit, sondern vielmehr an Zeitmangel und einem persönlichen Tief meinerseits lag), hier mal wieder ein kleiner Bericht aus dem estnischen Leben der Mia.. Ich gehe mal 2 Wochen zurück zum 27. Februar. An dem Tag haben sich die Andy und ich ganz zeitig auf den Weg Richtung Tallinn gemacht. Warum? Weil wir zu unserem tollen Seminar fahren durften. Es war ein Seminar, wie ich es schon mal im September hatte. Da müssen wir dran teilnehmen, weils in den Richtlinien des Europäischen Freiwilligendienstes festgelegt ist. Waren nicht sehr motiviert, weil die Aussicht auf 5 Tage Stuhlkreis und über Probleme reden nicht so spannend war. Aber immerhin fand das ganze an einem netten Ort statt. Diesmal nämlich in Viinistu. Das ist ein kleines Fischerdorf im Norden von Estland, direkt an der Küste. Wir haben dort in nem voll noblen Hotel gewohnt, mit Blick aufs Meer und dem gigantischsten Essen überhaupt. Die Gegend ist wunderschön. Das Dorf liegt noch im Lahemaa-Nationalpark und ist umgeben von Wäldern. Wir hatten ein bisschen Zeit dort durch die Natur zu streifen und es war wirklich total schön. Wir sind erst durch so einen kleinen Wald gelaufen, der hat mich sehr an so einen Hexenwald erinnert, so ohne richtigen Weg und überall Sträucher und Moos und so verknorpselte Bäume... Und dann hörte der Wald plötzlich auf und vor uns lag das Meer. Es war wirklich atemberaubend.. Naja, leider hatten wir viel zu wenig Zeit die Umgebung wirklich zu genießen. Denn wie gesagt, eigentlich waren wir ja wegen dem Seminar dort.. Es entpuppte sich aber im allgemeinen als gar nicht so schlimm wie ich dachte. Wir waren nur 10 Teilnehmer, alles Mädels und es war ziemlich entspannend. Obwohl das ganze auch echt krasse Gehirnwäsche war. Ich mein, wir waren da insgesamt 5 Tage und mussten jeden Tag voll intensiv über uns selbst nachdenken (ich sag euch, so lange hab ich mich noch nie mit mir selbst auseinandergesetzt, das war dann echt zu viel) und dann standen die beiden Leiter die ganze Zeit vor uns und haben uns erzählt, wie gut alles ist und dass wir alles schaffen können, was wir wollen, wenn wir nur an uns glauben und optimistisch sind.. Das Schlimme daran: Wenn du das 5 Tage am laufenden Band zu hören kriegst, dann GLAUBST du das auch noch. Ich bin dann letzten Sonntag nach Hause gekommen und hab mich selbst kaum wiedererkannt, weil ich so krass positiv gestimmt war. Konnte ja nicht mal ordentlich rumnörgeln.. Tse, wo kommen wir denn da hin? - Aber keine Angst, es gab keine größeren Nachwirkungen, und ich kann jetzt auch wieder meckern, was da Zeug hält =)
Naja, dann gabs am Mittwoch bei uns Nachwuchs in Viljandi. Wir haben gleich 3 neue Freiwillige bekommen: 2 Deutsche und eine Spanierin. Wir sind jetzt 8 Frewillige in Viljandi, das ist echt ein bisschen krank... Aber auch sehr lustig =) Aber jetzt wo die neuen gekommen sind, ist mir erst mal richtig bewusst geworden, wie lange ich schon hier bin. Die Mädels laufen mit großen Augen durch Viljandi und alles ist so neu für sie und sie sind stolz, wenn sie "Tere" sagen können.. Das hat mir gezeigt, wie normal für mich alles schon geworden ist und dass ich ja tatsächlich schon über 7 Monaten hier bin und quasi zu "Den Alten" gehöre.. Hach, jetzt bin ich also diejenige, die die "Kleinen" rumführt und ihnen alles zeigt, so wies Szilvia für mich getan hat... Schon komisch... Aber so läufts nun mal....
Am Freitag war auch ein sehr interessanter Tag. Abends waren wir erst beim Bowling. Das war von unserer Arbeit aus, es waren alle Arbeiter dort und haben gemeinsam gespielt. Das Highlight: ICH hatte einen Strike (Was jetzt natürlich nur für die Leute ein Highlight ist, die wissen, wies um meine Bowlingkünste bestellt ist... die sind nämlich nicht vorhanden!!!) Nach meinem Triumph gabs dann was ganz feines: irakisches Abendessen. Ich arbeite ja mit Mohammed, einem Iraker zusammen. Er hatte mich eingeladen und irakisch gekocht, das war vielleicht mal cool.. Wobei mich das ganze stark an so mexikanisches Essen erinnert hat, mit vile Reis und roten Bohnen und so.. Trotzdem sehr lecker.. Jetzt muss ich ihn nur noch bisschen bearbeiten, dass er endlich das Rezept rausrückt!!!!!
Samstag war ja dann Frauentag. In Estland ist das ein ziemlich großes Ding (wobei ich ja mal wieder feststellen musste, dass es das bei Andrea und anderen Deutschen überhaupt nicht gibt.. Ist also mal wieder so ein Ost-Ding... Dabei dacht ich, das wäre international.. Ich sag euch, mein Weltbild wird hier total auf den Kopf gestellt) Man sah überall Frauen mit Blumen rumlaufen und es gab auch voll viele Leute, die Blumen einfach so verschenkt haben.. Ziemlich schön, wenn ihr mich fragt =) Naja, und weil halt Frauentag war, hatte ich mir mit 6 andren Mädels überlegt, dass wir was unternehmen. Das Ergebnis unserer Überlegungen: Lasst uns raus in die Natur! Wir uns also den Endla-Nationalpark als Ziel gesetzt, ein Sumpf- und Moorgebiet im Nordosten Estlands. Also am Samstagmorgen den Rucksack geschnürt und in die Wanderschuhe geschlüpft und los gings. Es war echt total spitze. Die Bushaltestelle lag mitten im Nirgendwo und wir sind dann einfach gradewegs in den Wald gestiefelt. An dem Tag lag super viel Schnee (Nachdem es der bekloppteste Winter überhaupt war, liegt natürlich jetzt im März plötzlich Schnee, ist ja auch klar) und diese Winterlandschaft war einfach nur schön. Erst mal mussten wir quer über irgendwelche Pferdekoppeln drüber und dann gings rein in den Nationalpark. Wir sind auf Holzstiegen quer durch den Sumpf gelaufen, rings um uns herum war Wasser, bzw. in dem Falle Eis. Wir waren die einzigen dort und alle sind wir einfach nur total staunend dort durchgelaufen. Haben natürlich wie immer nach großen Tierchen Ausschau gehalten.. Aber wie immer haben wir keine gesehen =/ Naja, aber nachdem wir dann 3 Stunden gelaufen waren, kam es wie es kommen musste: Wir standen plötzlich mitten im Sumpf. War ja klar. Da rennen 7 Weiber einfach so durchn Sumpf, da muss ja irgendwas passieren. Naja, nun standen wir also dort und wussten nich, wie wir weiter sollten, weil vor uns war halt eine große sumpfige Fläche, über die man nicht mit trockenen Füßen gekommen ist. Zurück konnten wir nicht, das hätte zu lange gedauert. Wir dort also bei Eiseskälte angefangen unsere Schuhe und Socken auszuziehen und über Sumpf zu rennen.. Ich kann euch sagen, das war so lustig. Von allen Seiten kamen Schreie, wenn mal wieder eine eingebrochen ist und das Bild im Allgemeinen muss sehr amüsant gewesen sein, wie wir dort mit unsren warmen Klamotten und bloßen Füßen über die Sumpffläche gehüpft sind. Es war aber auch verdammt kalt, das muss ich schon sagen.. Ich bin ja nun einiges gewohnt, was das angeht, aber das war selbst für mich zu viel und ich war heilfroh, als ich dann wieder in meine warmen Schuhe schlüpfen konnte! Immerhin haben wir uns dann nachher köstlich amüsiert =) Damit die ganze Sache auch weiterhin lustig bleibt, habe ich mich mal wieder als Clown geopfert. Ich habs nämlich geschafft beim Laufen plötzlich einen Fuchs-oder Dachsbau zu erwischen. Es muss megakomisch ausgesehen haben, weil ich bin so gelaufen und plötzlich verschwand halt mein rechtes Bein in diesem Bau und ich lag am Boden. Die Mädels, die hinter mir gelaufen sind, haben sich gar nicht mehr eingekriegt vor lachen, weil ich halt plötzlich weg war und dann hörten sie nur noch meinen überraschten Aufschrei und sahen mich dort liegen.. Naja, ist ja mal wieder typisch ne... Nach 5 Stunden laufen waren wir dann endlich an der Bushaltestelle angekommen. Dort mussten wir dann noch ne halbe Stunde in der Kälte warten, bis der Bus kam. Damit wir warm blieben, haben wir Erwin erschaffen, unseren Hitchhiking-Snowman! Und es haben sogar wirklich Autos gehupt und wollten ihn mitnehmen =D Nach diesem Tag war ich ziemlich froh dann abends im warmen Bett zu liegen!
Gestern war dann auch noch mal ein Ding. Ich bin abends zum Stefan, unserem Freiwilligen aus Wien, weil wir uns "Sieben" anschauen wollten. Wer den Film kennt, weiß, dass das nicht so ganz ohne ist, weil schon en bisschen eklig und psycho und so... Naja, an sich machen mir solche Filme nicht viel aus. Aber gestern musste ich dann nachts um 12 allein nach Hause laufen. Und zwar eine Stunde lang auf teilweise unbeleuchteten Wegen.. Also da hab ich mich das erste Mal richtig gegruselt hier. Wenn dann so überall knackende und raschelnde Geräusche aus den Ecken kommen und man das Gefühl hat, dass man von jemandem verfolgt wird... wah, nee, das brauch ich so schnell nicht mehr...
Tja, das waren jetzt erst mal so die neuesten Neugikeiten von mir.. Ich werd mich jetzt mit meiner Marie erst mal ne Runde ins kühle Nass stürzen und ein paar Bahnen ziehen. Bis zum nächsten Mal.
Nägemist!
(eigentlich wollte ich ja noch ein paar Bildchen einfügen, aber diese blöde Seite will nicht so, wie ich will... Versuchs später noch mal)